WASSER – HEILSAME WIRKUNG von innen und außen

 

Autorin: Dr. med. Claudia Bien (Fachärztin für Allgemein- und Arbeitsmedizin)
Ausgabe: Leben und Gesundheit, Mai / Juni 2024 - Wasser

WASSER – UNSER WICHTIGSTES LEBENSMITTEL
Der Hauptbestandteil des Menschen ist Wasser. Ein Erwachsener besteht aus ungefähr 70 % Wasser, der Säugling gar aus 80 – 85 % und er lebt von Flüssignahrung.

WO WIRD DAS WASSER IM KÖRPER AM MEISTEN GEBRAUCHT?
• Das Gehirn besteht aus ungefähr 85 % Wasser und schwimmt sogar darin. Liquor heißt diese Gehirnflüssigkeit.
• Das Blut besteht aus ungefähr 83 % Wasser, das wie ein Lebensstrom unseren ganzen Organismus mit Wasser, Sauerstoff, Nährstoffen und Immunabwehr versorgt.
• In der Zelle (intrazelluläre Flüssigkeit) für Stoffwechselprozesse, Energiesynthese, Entsorgung von Abfallprodukten usw.
• Im Gewebe (extrazelluläre Flüssigkeit, die auch Lymphe genannt wird und in der Regel nicht ausgeschieden wird).

WASSER IST FÜR JEDE FUNKTION DES ORGANISMUS NOTWENDIG, HAUPTSÄCHLICH FÜR …
… die Atmung: Allein beim Ausatmen verliert unser Körper rund einen halben Liter Flüssigkeit pro Tag, natürlich auch, während wir schlafen.
… die Haut – durch das Schwitzen als Temperaturregelung.
… die Nieren, die täglich ungefähr 1,4 Liter Urin ausscheiden.
… die Speichel- und Tränenproduktion.
… die Geschmeidigkeit der Haut, Muskeln, Sehnen, Knorpel und Knochen.
… den Transport von roten und weißen Blutkörperchen, unserer Immunabwehr und von Nährstoffen, Enzymen, Vitaminen und vielem mehr.
… den Abtransport von Ausscheidungsstoffen, Stoffwechselendprodukten und Giften.

WORAUS BEZIEHT DER KÖRPER HAUPTSÄCHLICH DAS WASSER?
Durch die orale Aufnahme von Flüssigkeit und aus der Nahrung, besonders durch Obst und Gemüse, das zum Großteil aus Wasser besteht. Und natürlich durch das Trinken von Flüssigkeit, am besten von reinem Quellwasser.

WORAN MERKE ICH, DASS ICH ZU WENIG WASSER IM KÖRPER HABE?
Die Farbe des Urins zeigt bei jedem Toilettengang, ob wir unserem Körper zu wenig Flüssigkeit zugeführt haben. Idealerweise sollte der Urin durchsichtig hellgelb sein. Anzeichen für eine leichte Austrocknung können Kopfschmerzen, Verstopfung, Müdigkeit und trockene Haut sein. Wichtig: Fehlender Durst ist kein Zeichen für geringeren Wasserbedarf. Im fortgeschrittenen Alter geht das Durstgefühl nach und nach verloren!

WIE VIEL WASSER SOLLTE EIN GESUNDER MENSCH TRINKEN?
Der tägliche Flüssigkeitsbedarf ist sehr individuell und von Alter, Geschlecht, Bewegungsprofil, Körpergröße und Gewicht, ja sogar von der Jahreszeit abhängig. Das Internet bietet dazu unterschiedlichste Wasserbedarfsrechner an, wie beispielsweise www.wasserbedarf-rechner.de.

Die persönliche Trinkmenge in Wassergläsern ausgedrückt lautet: Körpergewicht geteilt durch 8 ergibt die Anzahl der Trinkgläser zu je 250 ml pro Tag (Thomas Jackson). Beispiel für eine 72 Kilogramm schwere Person: 72 : 8 = 9 Gläser mit jeweils 250 ml täglich, ergibt insgesamt 2,25 Liter pro Tag.

TIPPS & TRICKS, DIE TÄGLICH EMPFOHLENE TRINKMENGE ZU ERREICHEN
• Zwei Gläser mit zimmerwarmem Wasser und etwas frischgepresstem Zitronensaft sofort nach dem Aufstehen trinken.
• Ein Glas oder eine Trinkflasche immer in unmittelbarer Reichweite am Arbeitsplatz und unterwegs dabei haben – genauso wie das Handy und die Geldtasche.
• Lieber vor und zwischen den Mahlzeiten trinken als direkt zum Essen. Am besten eine Stunde nach dem Essen trinken, um die Magensäfte nicht zu verdünnen.
• Am besten reines Leitungswasser oder stilles Wasser trinken, denn Wasser mit Kohlensäure füllt den Magen auch mit Luft, dadurch trinkt man weniger.
• Wasser auch vor dem Sport trinken, da der Körper seine Organtemperatur nur dann optimal regeln kann, wenn genügend Wasser zum Verdunsten vorhanden ist.
• Ab 18 Uhr sollte man das Trinken reduzieren, um häufige WC-Gänge nachts zu vermeiden.
• Wichtig: Die Harnblase gewöhnt sich mit der Zeit an die erhöhte Trinkmenge, kann sich bei Bedarf ausdehnen und bleibt somit elastisch!

ÄUßERLICHE WASSERANWENDUNGEN (HYDROTHERAPIE) IN DER GESCHICHTE
Seit Beginn der Geschichtsschreibung machte man sich bei der Behandlung von Krankheiten verschiedene Bäder zunutze. Große Völker wie die Babylonier, Ägypter, Perser, Griechen und Römer kannten verschiedenste Wasseranwendungen und Gesundheitsbäder. In Sparta wurde die Wassertherapie zwangsweise eingeführt, gesetzlich waren jedem Bürger zahlreiche kalte Bäder vorgeschrieben.

SEBASTIAN KNEIPP (1821 – 1897)
Alles begann damit, dass der Priester­schüler Sebastian Kneipp an Tuberkulose litt. Ein Leben in Armut als Sohn eines Webers, mangelhafte Ernährung und Überarbeitung hatten zu dieser Krankheit geführt. Die damaligen Ärzte waren mit ihrem Latein am Ende. Da entdeckte Kneipp zufällig in der Münchner Universitätsbibliothek das Buch eines gewissen Dr. phil. und Dr. med. Johannes Sigmund Hahn über die Kraft und Wirkung des Wassers. Dieses Buch führte dazu, dass der junge Kneipp einen Entschluss fasste, der sein Leben retten und verändern sollte: Er stieg mitten im Winter in die eiskalte Donau, rannte schnell nach Hause und schwitzte im Bett der Klosterschule. Was wie ein leichtsinniges Spiel um Leben und Tod anmutete, zeigte Wirkung. Sebastian Kneipp wurde wieder gesund. Und diese Erfahrung wollte er unmittelbar an andere weitergeben. Kneipp erprobte viele Güsse und Bäder mit abwechselnder Intensität und Wassertemperatur an sich selbst und erschuf daraus sein eigenes Behandlungssystem, was auch «Kneippen» genannt wird. Auf die Frage: «Was sind die 3 wichtigsten Heilmittel?», antwortete Kneipp: «Entgiften, Entgiften, Entgiften!» So wurde er vom einfachen «Wasserdoktor» zum Vater der ganzheitlichen Therapie.

WASSERTRETEN (KNEIPPEN)
Wassertreten ist ein hervorragendes Training für die Beinvenen und beugt Krampfadern und Thrombosen vor. Dies lässt sich auch ohne nahegelegenen Fluss oder Bach ganz einfach in der heimischen Badewanne ausführen. Lassen Sie hierzu kaltes Wasser in Ihre Badewanne oder in ein geeignetes Gefäß bis zur Wadenhöhe einlaufen. Beim folgenden Auf-der-Stelle-Treten sollten Sie darauf achten, die Beine bei jedem Schritt komplett aus dem Wasser zu heben.

Führen Sie diese Anwendung höchstens rund eine Minute durch oder brechen Sie auch früher ab, falls die Kälte zu unangenehm wird. Nach der Anwendung ist es wichtig, die Füße durch Bewegung aufzuwärmen oder warme Socken anzuziehen.

Tipp: Wenn Sie direkten Zugang in einen Garten haben, können Sie statt dem Wassertreten im Winter auch barfuß durch den Schnee waten. Machen Sie dies für rund 10 Sekunden und wärmen Sie anschließend Ihre Füße wieder gut auf.

LOUIS KUHNE (1835 – 1901)
Er war ein deutscher Naturheilkundler und Zeitgenosse von Sebastian Kneipp und wie dieser ein Verfechter der Hydrotherapie. Er befürwortete den Vegetarismus und lehnte die Verwendung von Zucker und Speisesalz als schädlich ab. Seiner Auffassung nach basieren alle Krankheiten auf einem Zustand, den er als Toxämie (Schädigung des Blutes durch Giftstoffe) bezeichnete. Dabei würde der Körper durch nicht ausgeschiedene Gifte und Stoffe belastet und schlussendlich vergiftet. Er gründete 1883 ein Behandlungszentrum in Leipzig, wo verschiedene Methoden der Hydrotherapie angewendet wurden.

Viel Wasser trinken macht sie körperlich und mental fit.

WARUM WIRKEN WASSERANWENDUNGEN?
Alle Hautanwendungen beeinflussen nicht nur die unmittelbar darunter liegenden Blutgefäße, sondern über Reflexbahnen auch weiter entfernt liegende Blutbahnen, die sich bei Wärme erweitern und bei Kälte zusammenziehen. Dadurch wird die Durchblutung enorm gesteigert und der Kreislauf und Stoffwechsel stark angeregt, sodass ein Heilungsprozess beschleunigt, ja sogar verstärkt werden kann.

Nach jeder Warmwasserbehandlung sollte mit einer Kaltwasserbehandlung abgeschlossen werden, damit die angeregte Blutzirkulation erhalten bleibt. Wasseranwendungen können auch bei Schmerzbehandlung und Schlafproblemen eingesetzt werden.

In einer Studie über physiologische Veränderungen bei Überwärmungstherapie (Hyperthermie) wurde vor und nach einer fünfstündigen Hyperthermie bei einer Temperatur von ungefähr 40 Grad das Blutbild bestimmt. Dieses zeigte, dass die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) – unsere Immunabwehr – auf das Doppelte angestiegen waren, um mit noch mehr Abwehr gegen Entzündungen und körperfremde Eindringlinge wie Bakterien und Viren vorzugehen.

SCHNELL ODER LANGSAM?
Das Wandertempo der Leukozyten auf einen Entzündungsherd hin und die Geschwindigkeit der Enzymsekretion kann durch eine Temperaturerhöhung gesteigert werden. Die «Vanʼt-Hoff-Regel» besagt, dass eine Temperaturerhöhung des Körpers um 10 Grad die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verdoppelt bis verdreifacht. Die Wundheilungszeit der Haut verkürzt sich bei einer Temperaturerhöhung um 10 Grad sogar auf über die Hälfte.

UNTERSCHIEDLICHE WASSERANWENDUNGEN
• Heißes Fußbad
• Kalte Kompresse
• Dampfbäder/Sauna
• Dampfinhalation
• Sitzbäder
• Reibe-Bad Kuhne
• Neutrales Bad
• Wassertreten (Kneippen)
• Wechselduschen
• Wechselbäder von Gesicht/Füßen/Armen
• Kalte Güsse
• Eisabreibungen
• Einläufe
• Ohren- und Nasenspülungen

EINE PRAKTISCHE ANWENDUNG ZUM SCHLUSS
Inhalieren mit Dampf ist ein altbewährtes und ausgezeichnetes Hausmittel! Bei Husten, Halsschmerzen, Schnupfen, Stirnhöhlen- und Nasennebenhöhlenentzündungen ist Inhalieren mit Wasserdampf die erste und einfachste Wahl, um sich schnell Erleichterung zu verschaffen. Ohne viel Aufwand erhitzt man einen kleinen Topf voll Wasser oder kauft sich ein Inhalationsgerät, was mittlerweile schon sehr kostengünstig zu bekommen ist, und kann je nach Belieben 1–3 Tropfen Eukalyptus- oder Nadelholzöl beziehungsweise 1–2 Teelöffel getrocknete oder frische Pfefferminzblätter auf einen ½ Liter Wasser zugeben.

Man sollte sich mit dem ganzen Kopf über den dampfenden Topf halten und mit einem großen Badetuch den gesamten Topf inklusive Kopf- und Schulterpartie gänzlich bedecken. Der aufsteigende Dampf sollte dabei Stirn, Nase, Mund und Rachen befeuchten. Der Abstand vom Gesicht zum heißen Topf kann individuell getroffen werden. Es sollte auf jeden Fall im Gesicht und in den geschlossenen Augen nicht brennen oder schmerzen. Vorsicht: Verbrennungsgefahr!

Während der gesamten Anwendung langsame und tiefe Atemzüge machen und das Gesicht zum Schluss immer mit kaltem Wasser abwaschen.

Die Dauer des Inhalierens ist individuell. Empfohlen werden mindestens 15 Minuten, 2–3 Mal täglich. Auch bei liegenden Patienten und Kindern (unter Aufsicht) kann der dampfende Topf am Nachttisch in der Nähe des Kopfes platziert werden.

Die Dampfinhalation wirkt beruhigend, erwärmend und befeuchtend. Dadurch wird die Durchblutung des gesamten Atmungstraktes angeregt und gefördert. Der tiefsitzende Schleim in der Lunge löst sich zunehmend und wird dadurch leichter abgehustet. Auch werden die Stirn- und Nebenhöhlen durch den durchdringend warmen Dampf geweitet und öffnen sich. Erst dadurch kann der zähe Schleim gelöst werden und ablaufen. Man kann wieder frei durch die Nase atmen. Besonders empfohlen vor dem Schlafengehen.

Probieren Sie es aus!

Wasser ist für jede Funktion des Organismus notwendig – hauptsächlich für Atmung, Haut, Nieren, Transport und Entgiftung.

Zurück
Zurück

ZUR BEWEGUNG GESCHAFFEN

Weiter
Weiter

Die perfekte SONNENBRILLE