DIE BEDEUTUNG EINER GESUNDEN Ernährung für Kinder
Autorin: Sara Salazar-Winter (Geschäftsführerin Deutscher Verein für Gesundheitspflege, DVG)
Ausgabe: Leben und Gesundheit, Januar / Februar 2024 - Ernährung
Die heutige Lebensmittelwelt ist voller verlockender Optionen, die speziell auf Kinder abzielen. Während bunte Verpackungen und süße Aromen Kinder begeistern, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir als Eltern die Ernährung unserer Kinder achtsam lenken.
Eine ausgewogene und gesunde Ernährung in der Kindheit kann nicht nur sofortige Vorteile für Energie und Wachstum bieten, sondern legt auch den Grundstein für langfristige Gesundheit und Prävention von Krankheiten.
DIE GRUNDLAGEN EINER GESUNDEN KINDERERNÄHRUNG
Meiner Ansicht nach ist die Grundlage einer gesunden Kinderernährung gleichzusetzen mit der Entwicklung einer positiven Einstellung zum Essen. Anstelle einer umfassenden Liste von dem, was Kinder essen oder eben nicht essen sollten, scheint es mir entscheidender, den Druck von «das darfst du, das darfst du nicht» zu mindern.
Insbesondere Eltern, die zum ersten Mal Erfahrungen mit der Kindererziehung machen, verspüren natürlich den starken Wunsch, alles perfekt zu machen. Das kann mitunter zu Stress und noch mehr Druck führen. Daher möchte ich betonen: Entspannen Sie sich! Wenn ein Kind bei einer Mahlzeit nicht allzu viel isst, bedeutet das nicht automatisch, dass es mangelernährt ist.
Wir sollten Vorbilder, in der Ernährung, für unsere Kinder sein.
DIE EINFÜHRUNG VON BEIKOST
Bereits im Babyalter werden die Grundlagen für die zukünftigen Essgewohnheiten eines Kindes gelegt. Die Einführung von Beikost ist ein entscheidender Schritt in der Entwicklung eines Babys. Die Lebensmittel, die in dieser Phase eingeführt werden, können die Vorlieben und Abneigungen des Kindes für verschiedene Geschmacksrichtungen und Texturen prägen. Dies kann langfristig dazu beitragen, dass das Kind später eine breite Palette von Lebensmitteln akzeptiert oder sich bei der Auswahl sehr selektiv verhält.
Zusätzlich kann ein frühes Sich-an-verschiedene-Lebensmittel-Gewöhnen dem Körper helfen, Toleranz aufzubauen und Lebensmittelallergien zu vermeiden. Die Einführung von Beikost sollte in einer entspannten und spielerischen Atmosphäre stattfinden und keinesfalls unter Zwang. Es ist ebenso wenig ratsam, eine überwältigende Auswahl an Lebensmitteln zu einer Mahlzeit anzubieten.
FALL 1: ZWANG
Meine Kindheitsfreundin Paula und ich sehen uns leider nur selten, da wir nicht mehr am gleichen Ort wohnen. Trotzdem halten wir unsere Freundschaft aufrecht, indem wir gelegentlich miteinander telefonieren. Eines Tages rief sie mich voller Verzweiflung an. In unserem Gespräch erzählte sie mir, dass ihre 2-jährige Tochter keine Mahlzeiten mehr zu sich nehmen wolle.
Die Kleine weigerte sich standhaft, auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen, um zu essen. Wenn Paula versuchte, sie gegen ihren Willen auf den Stuhl zu setzen, brach lautes Geschrei aus, begleitet von heruntergeworfenem Essen. Das Einzige, was die Kleine mit Nachdruck wollte, waren Nudeln.
Wie für jede liebende Mutter ist es auch für Paula von großer Bedeutung, dass sich ihre Tochter gesund entwickelt. Nun war sie zutiefst besorgt, dass ihre Kleine bereits unter Mangelernährung leiden könnte. Ihre Frustration und Traurigkeit waren gut spürbar.
Dieses Beispiel mag vielleicht etwas extrem erscheinen, verdeutlicht aber, wie sich bereits bei einem Kind im Laufe der Zeit eine negative Einstellung zu Mahlzeiten entwickeln kann. Schon bei der Einführung von Beikost hatte Paula übermäßig viel Druck auf ihr Töchterchen ausgeübt. Dies führte schlussendlich dazu, dass ihr Kind das gemeinsame Essen nicht mehr genießen konnte.
Zwingen Sie Ihr Kind nicht dazu, Lebensmittel zu essen, die es ablehnt. Das kann negative Assoziationen mit diesen Lebensmitteln hervorrufen. Bieten Sie stattdessen die abgelehnten Lebensmittel immer wieder an – kreativ präsentiert und ohne Druck.
FALL 2: ÜBERFORDERUNG
Ein weiteres Beispiel erlebte ich bei meiner Freundin Angelika, die einen sehr sanften, kindzentrierten Erziehungsstil pflegt. Sie möchte die Wünsche ihres 2-jährigen Sohnes immer berücksichtigen. Anfangs hat das mit der Methode des «Baby-led Weaning» gut funktioniert, doch nun, da er älter ist, merkt sie, dass er sehr wählerisch geworden ist und viel weniger isst.
Beim Frühstück bot sie ihm eine große Auswahl an Lebensmitteln an – am Ende standen vier Teller auf dem Tisch und der Junge hatte kaum gegessen. Später am Tag bot sie ihm erneut mehrere Mahlzeiten an, aus Sorge, er hätte nicht genug bekommen.
Meiner Meinung nach führt die übermäßige Auswahl und die Häufigkeit der angebotenen Lebensmittel dazu, dass der Junge überfordert ist und keine Gelegenheit hat, echten Hunger zu verspüren. Auch wenn die Wünsche des Kindes wichtig sind, müssen dennoch Grenzen gesetzt und die Auswahlmöglichkeiten begrenzt werden.
VORBILDFUNKTION
Kinder lernen mehr durch Beobachtung als durch Anweisungen. Gemeinsame Mahlzeiten sind eine der wichtigsten Gelegenheiten, Kindern ein positives Vorbild zu geben. Eltern sollten während der Mahlzeiten Medienkonsum vermeiden und sich auf das gemeinsame Essen konzentrieren.
Zusammenfassend ist es entscheidend, dass Eltern bewusst die Ernährung ihrer Kinder lenken, indem sie eine positive Einstellung zum Essen fördern, Druck vermeiden und die Eigenverantwortung der Kinder stärken. Schon in jungen Jahren können Kinder beim Einkaufen teilnehmen, gemeinsam kochen und kreativ mit Lebensmitteln umgehen.
„Eine ausgewogene und gesunde Ernährung in der Kindheit legt den Grundstein für langfristige Gesundheit und Prävention von Krankheiten.“