PFLANZLICHE ERNÄHRUNG UND UNSER IMMUNSYSTEM

 

Autor/in: Dr. Marcia Martins (PhD, MS, RD, RPh)
Ausgabe: Leben und Gesundheit, Januar / Februar 2024 - Ernährung

Mehrere Faktoren beeinflussen die Gesundheit unseres Immunsystems, darunter Umweltbedingungen wie Umweltverschmutzung und Lebensgewohnheiten. Dazu gehören Tabak- und Alkoholkonsum, chronischer physischer und psychischer Stress, Schlafstörungen oder Schlafmangel, übermäßige und lang andauernde körperliche Betätigung und die Art und Weise, wie wir uns ernähren.

UNSER IMMUNSYSTEM
Vereinfacht gesagt gibt es zwei Systeme, die zusammenarbeiten, um unseren Körper vor aggressiven Eindringlingen zu schützen: das angeborene Immunsystem und das erworbene Immunsystem, das auch als adaptives Immunsystem bezeichnet wird.

Das angeborene Immunsystem umfasst anatomische und biochemische Barrieren wie die Abwehrmechanismen des Magen-Darm-Trakts und der Atemwege (z. B. Magensäure, Speichel, Tränen und Schweiß) sowie allgemeine Immunreaktionen. Diese Mechanismen sind in der Lage, den Organismus vor allem zu schützen, was als fremd oder unbekannt identifiziert wird.

Die erworbene Immunabwehr entwickelt sich allmählich über einen längeren Zeitraum und ermöglicht eine sehr spezifische und effektive Immunantwort. Sie vermag krankmachende Bestandteile sowie veränderte molekulare Strukturen zu erkennen. Einerseits durch Antikörper, welche von speziellen Zellen produziert werden und bestimmte Antigene aufspüren können, und andererseits durch Zellen, welche die Rezeptoren für diese bestimmten Antigene tragen.

Ab dem Kleinkindalter entwickelt sich das Immunsystem von unreifen Reaktionen bei Säuglingen und Kindern zu einer optimalen Immunfunktion bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Mit dem Alter kommt es wiederum zu einem allmählichen Verlust der Immunabwehr. Aus diesem Grund variiert das Risiko für Infekte beziehungsweise der Schweregrad der Erkrankungen je nach Alter im Laufe des Lebens.

DIE ERNÄHRUNG SPIELT EINE WESENTLICHE ROLLE
Der allgemeine «Ernährungszustand» hängt von der in unserem Umfeld üblichen Ernährung ab. Und diese wird durch das physische, wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Umfeld, in dem wir leben, studieren und/oder arbeiten, beeinflusst. So kann sich beispielsweise eine niedrige Bildung und/oder ein geringes Einkommen auf den Zugang zu gesunden Lebensmitteln auswirken, sodass es schlussendlich an frischen und nahrhaften Optionen mangelt.

Ein hektischer, stressiger und sitzender Lebensstil mit breitem Zugang zu Lebensmitteln mit hohem Kaloriengehalt und geringem Mikronährstoffgehalt herrscht fast zwangsläufig in einem Umfeld vor, das ungesunde Ernährungsentscheidungen fördert. Infolgedessen kommt es im Körper zu einer chronischen systemischen metabolischen Entzündungsreaktion, die als Meta-Entzündung bezeichnet wird. Diese Meta-Entzündung wiederum führt zu einem Prozess der Reprogrammierung des Immunsystems mit negativen zellulären Veränderungen, die in einem langfristigen Entzündungszustand gipfeln, der die Entwicklung chronischer Entzündungskrankheiten begünstigt.

Ein weiterer wichtiger Mechanismus, über den die Ernährung das Immunsystem beeinflusst, ist die Zusammensetzung und Produktion von Stoffwechselprodukten durch die Darmmikrobiotik (Mikrobiom = Gesamtheit aller im Darm lebenden Bakterien). Durch ungesunde Ernährung kommt es zur sogenannten Dysbiose, was so viel wie eine ungünstige Zusammensetzung und veränderte Funktion der Bakterien in unserem Darm bedeutet. Dies beeinträchtigt das Immunsystem, indem die Genexpression in den Darmbakterien sowie zelluläre Bestandteile negativ verändert werden. Dies wiederum führt zu einer Veränderung der durch die Bakterien umgesetzten Stoffe. Andererseits begünstigt eine gesunde Mikrobiom-Zusammensetzung das immunologische Gleichgewicht und mildert lokale und systemische Entzündungen.

Ein übermäßiger Verzehr von Zucker und raffiniertem Getreide kann zu Störungen des Immunstoffwechsels in unserem Körper führen. Eine zuckerreiche Ernährung fördert Gewichtszunahme, Darmdysbiose und Darmentzündungen. Es ist besser, Süßigkeiten aus unverarbeiteten, frischen oder getrockneten Früchten zu genießen.

NAHRUNGSKOMPONENTEN BEEINFLUSSEN DIE IMMUNABWEHR
Die verschiedenen Reaktionen des Immunsystems sind abhängig von der Beteiligung von Nahrungsbestandteilen, die typischerweise in einer auf Pflanzen basierten Diät zu finden sind. Pflanzliche Lebensmittel liefern viele Substanzen, von denen bekannt ist, dass sie die Immunabwehr stärken, wie bioaktive Verbindungen (Carotinoide, Phenolverbindungen), Ballaststoffe, Omega-3-Fettsäuren, Vitamine (z. B. Vitamin A, Folat, Vitamin B6, B12, C, D und E) sowie Eisen, Zink, Kupfer, Selen und Eiweiß, einschließlich der Aminosäure Glutamin.

Nahrungsergänzungsmittel ersetzten die Vitamine und Ballaststoffe etc. aus Obst und Gemüse nicht.

BALLASTSTOFFE, VITAMINE & CO.
Pflanzliche Lebensmittel sind reich an Ballaststoffen, die die Immunantwort und die Barrierefunktion regulieren, indem sie mit dem Mikrobiom im Dickdarm interagieren, die Vernetzung der Epitelialzellen verbessern und das Gleichgewicht des Immunsystems fördern.

Zu den pflanzlichen Quellen von Omega-3-Fettsäuren gehören einige Samen (Chia-, Lein- und Hanfsamen), Öle (Algen-, Canola-, Soja- und Perillaöl), Walnüsse, Edamame und Bohnen.

Milchprodukte, Eier, pflanzliche Lebensmittel (z. B. Karotten, orangefarbene Süßkartoffeln, Butternusskürbis, Spinat, Brokkoli, Tomaten, Melonen, getrocknete Aprikosen), Kräuter und Gewürze (Paprika, Koriander, Petersilie, Majoran, Salbei, Koriander) und Öle (rotes Palmöl, Buriti-Palmöl) sind Quellen von Vitamin A oder Carotinoiden, die vom menschlichen Körper in Vitamin A umgewandelt werden.

Pflanzliche Quellen für Vitamin B6 sind Tofu, Kichererbsen, einige Gemüse- und Obstsorten, insbesondere dunkles Blattgemüse, Bananen, Papayas, Orangen und Melonen.

Eine Vielzahl pflanzlicher Lebensmittel enthält von Natur aus Folsäure. Jedoch wird die Form, die bei der Anreicherung von Lebensmitteln zugesetzt wird, besser aufgenommen. Dunkelgrünes Blattgemüse (Spinat, Romanasalat, Brokkoli), Bohnen, Erdnüsse, Sonnenblumenkerne, frisches Obst und Säfte, Vollkornprodukte und Eier sind gute Quellen.

Während pflanzliche Lebensmittel in der Regel keine Vitamin-B12-Quelle sind, können in einigen angereicherten Lebensmitteln, wie zum Beispiel verzehrfertigen Frühstücksflocken, pflanzlichen Getränken, vegetarischen Fleischersatzprodukten oder Nährhefe, erhebliche Mengen enthalten sein. Ovo-Lacto-Vegetarier können Vitamin B12 aus Eiern und Milchprodukten beziehen. Die Überwachung des Vitamin-B12-Status und die Supplementierung sind bei Vegetariern äußerst wichtig.

Vitamin C ist vor allem in Obst (z. B. Acerola, Melone, Zitrusfrüchte und -säfte, Kiwi, Mango, Guave, Papaya, Ananas, Beeren, Wassermelone) und Gemüse (z. B. Tomate, Brokkoli, Blumenkohl, Kartoffel, Rosenkohl) enthalten.

Sonnenlicht, das auf die Epidermis trifft, liefert die Energie zur Bildung von Vitamin D. Nahrungsquellen sind Eigelb, einige Pilze und mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel (z. B. Orangensaft, Sojamilch und Getreideprodukte).

Vegetarische Lebensmittel mit hohem Vitamin-E-Gehalt sind pflanzliche Öle (z. B. Weizenkeimöl), Samen (Sonnenblumen), Nüsse (Mandeln, Haselnüsse, Pinienkerne, Erdnüsse, Paranüsse), Avocado, Mango, Kiwi und Vollkornprodukte.

Zu den pflanzlichen Eisenquellen gehören Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, grünes Gemüse (Brokkoli, Grünkohl, Mangold, Chinakohl, Okra und Pak Choi), Sesamsamen, Trockenfrüchte, Pistazien, Haselnüsse, Mandeln, Zuckerrohrmelasse und mit Eisen angereicherte vegetarische Lebensmittel.

Eisenabsorptionshemmer wie Milchprodukte und Lebensmittel oder Getränke, die reich an Polyphenolen und Tanninen sind (z. B. Kaffee, schwarzer Tee, Schokolade und einige Kräutertees wie Minze und Kamille), sollten vermieden werden, insbesondere bei eisenhaltigen Mahlzeiten. Bevorzugen Sie stattdessen Vitamin-C-Quellen: Zitrusfrüchte, Säfte, Gemüse (z. B. Tomate mit Limette im Salat), frisches Obst.

Pflanzliche Zinkquellen sind Vollkorngetreide, Weizenkeime, gekeimte Samen und Hülsenfrüchte, Tofu, Tempeh, Miso, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen. Auch Eier, Milchprodukte, mit Zink angereichertes Getreide und Fleischersatzprodukte können die Aufnahme erhöhen.

Um die Aufnahme von Eisen und Zink zu erhöhen, verzehren Sie Hefebrot, Sprossen, geröstete oder eingeweichte Nüsse und eingeweichte Hülsenfrüchte. Vermeiden Sie die Zugabe von Weizenkleie in Ihrer Ernährung, wenn diese bereits reich an Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten ist.

Die Paranuss ist die reichste Selenquelle, die bisher bekannt ist. Weitere pflanzliche Quellen sind Pilze, Luzerne, Nährhefe, Vollkornprodukte und Kreuzblütler (z. B. Kohl, Brokkoli, Blumenkohl). Kupfer ist in Nüssen und Samen sowie in Vollkorngetreide enthalten.

Pflanzliche Quellen für Glutamin sind Rotkohl, Hülsenfrüchte, Nüsse, Bohnen, Petersilie und dunkles Blattgemüse, während zu den ovo-lacto-vegetarischen Quellen Eier, Milch, Joghurt und Ricotta gehören.

EIN VEGETARISCHER ERNÄHRUNGSPLAN UNTERSTÜTZT EIN GESUNDES IMMUNSYSTEM
Um die Gesundheit und Funktion aller Körperzellen, einschließlich der Zellen des Immunsystems, zu gewährleisten, ist es wichtiger, eine Ernährungsweise zu wählen, die den Körper auf Angriffe von Mikroorganismen und übermäßige Entzündungen vorbereitet, als nur auf den Verzehr einzelner Lebensmittel zu achten.

Studien haben gezeigt, dass sich eine pflanzliche Ernährung durch ihren Einfluss auf die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms positiv auf die Immunabwehr auswirkt, lokale und systemische Entzündungen abschwächt und diesen entgegenwirkt. Aus diesem Grund schützt eine vegetarische Ernährung vor chronischen Krankheiten wie koronarer Herzkrankheit, Diabetes mellitus Typ 2 und einigen Krebsarten und wird mit einer höheren Lebenserwartung in Verbindung gebracht.

Die schützenden Effekte umfassen Entzündungs- und Immunreaktionen, die zusammenwirken und eng miteinander verbunden sind. Zu den weiteren vorbeugenden Lebensgewohnheiten gehören der häufige Aufenthalt im Sonnenlicht, regelmäßige körperliche Betätigung und der reichliche Konsum von Wasser. Diese Maßnahmen wirken zusammen, um unseren allgemeinen Gesundheitszustand und unsere Fähigkeit, Infektionskrankheiten zu bekämpfen und unsere Immunabwehr zu boosten, zu verbessern.

FAZIT
Lebensstilstrategien, einschließlich einer pflanzlichen Ernährung, können helfen, um die Immunabwehr des Körpers zu stärken – insbesondere bei der Bewältigung von Lebenssituationen, in denen der Organismus aus dem Gleichgewicht geraten ist (wie z. B. Alterung, Umweltgifte, Übergewicht, chronische Krankheiten und anderes). Verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen liefern Nährstoffe und bioaktive Substanzen, die die Bildung von spezialisierten Zellen des Immunsystems und Antikörpern unterstützen und die Funktion von Selenoproteinen und weißen Blutkörperchen verbessern. Ein starkes Immunsystem und ein ausgewogener Antioxidantienstatus schützen vor akuten viralen und bakteriellen Infektionen und chronischen Krankheiten.

Lebensstilstrategien, einschließlich einer pflanzlichen Ernährung, können helfen, um die Immunabwehr des Körpers zu stärken.

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DIE BEDEUTUNG EINER GESUNDEN Ernährung für Kinder