WENN FREUDE FLIEGT UND OPTIMISMUS TRÄGT

 

Autorin: Bettina Werner (Physiotherapeutin und DVG-Gesundheitsberaterin)
Ausgabe: Leben & Gesundheit, April 2025 - Optimismus

Inmitten all der Dinge, die wir täglich tun, erledigen, aushalten und organisieren, verlieren wir manchmal den Blick für das, was uns wirklich trägt: die leisen, stärkenden Kräfte von innen. Freude und Optimismus sind solche Kräfte. Sie sind wie zwei Seiten einer Medaille – unterschiedlich in ihrer Natur, aber eng miteinander verbunden. Die eine leuchtet, die andere hält.

WENN DAS HERZ LÄCHELT

Es gibt Momente, da berührt etwas unser Herz – ganz leise, fast unscheinbar. Manchmal braucht es nur einen Moment der Stille, einen Blick aus dem Fenster, ein Lied aus vergangenen Zeiten, ein Kinderlachen, eine Umarmung, ein Lächeln, das warme Licht der Morgensonne, das Singen der Amsel, Barfußlaufen durchs Gras, den Duft frischer Kräuter – und plötzlich ist sie da: Freude. Nicht laut, nicht aufdringlich – sondern wie ein zarter Hauch.

Freude braucht keine großen Inszenierungen und kommt nicht auf Bestellung. Was sie braucht, ist ein waches Herz. Manchmal denken wir, wir müssten erst «alles im Griff» haben, bevor wir Freude empfinden dürfen. Doch Freude will gefunden werden, mittendrin im Unfertigen.

In einer Welt, in der alles schneller, lauter und perfekter werden soll, wirkt echte Freude fast wie ein Wunder. Sie erinnert uns daran, dass das Leben nicht nur aus To-do-Listen und Verpflichtungen besteht. Freude ist ein Gefühl – emotional und körperlich spürbar. Sie kommt oft dann, wenn wir sie am wenigsten erwarten, und verwandelt einen gewöhnlichen Augenblick in etwas Wunderbares. Man kann Freude erleben, ohne vorher darüber nachzudenken. Sie ist eher Herz als Kopf. Freude ist einfach da, wenn wir sie zulassen.

Freude ist wie Fliegen – sie erhebt uns, ohne dass wir genau wissen, wie. Sie trägt uns für einen Moment über den Alltag hinaus.

DER MUT, HELL ZU SEHEN

Doch was geschieht, wenn das Leben schwer wird? Wenn die Freude sich nicht blicken lässt? Dann braucht es etwas anderes, das uns hält. Kennen Sie den Spruch: «Pessimisten stehen im Regen. Optimisten duschen unter den Wolken»? Ich weiß nicht, von wem er stammt, aber er veranschaulicht auf bildhafte Weise eine wichtige Wahrheit: Optimistisch zu sein ist keine Frage des Wetters oder der Umstände – es ist eine Entscheidung.

Die Lebenssituation ist gegeben – aber wie entscheide ich mich, sie zu betrachten? Optimismus fragt nicht: «Wie fühle ich mich?» Sondern: «Worauf richte ich meinen Blick?» Echter Optimismus ist nicht oberflächlich. Er ignoriert die Probleme nicht, sondern begegnet ihnen mit einer inneren Haltung, die Erich Kästner treffend beschreibt: «Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.»

Wer optimistisch ist, schaut der Realität ins Gesicht – aber mit der Hoffnung im Gepäck.

FLIEGEN LERNEN – MITTEN IM LEBEN

An dieser Stelle möchte ich Ihnen von meinem 50. Geburtstag erzählen. Auf dem Geburtstagstisch lag unter anderem ein Briefumschlag meiner besten Freunde. Als ich ihn öffnete, entdeckte ich einen Gutschein für einen Tandem-Gleitschirmflug. Ich war sprachlos – bis dahin war ich noch nie mit einem Flugzeug geflogen, und nun gleich so etwas?

Mein Erstaunen steigerte sich noch, als ich das Datum las: Der Flug sollte schon am nächsten Tag stattfinden. Meine Gefühle waren außer Rand und Band. Einerseits freute ich mich riesig, andererseits war ich aufgeregt und ängstlich. Ich sollte mich an einen Gleitschirm hängen und durch die Lüfte schweben? Unvorstellbar!

[...]

Der Moment kam: Startstellung. Warten auf günstigen Wind. Plötzlich wie ein Paukenschlag: «Bist du bereit?» – Ich sagte «Ja». – «Lauf!» – Ich lief, spürte den Widerstand, wollte fast stehen bleiben, doch dann entschied ich mich: weiterlaufen. Und plötzlich … schwebte ich in der Luft.

Unter mir: Wege, Schafe, Bäume, Weite, Freiheit. Alles Schwere war vergessen – ich konnte nur noch staunen.

Wo Freude und Optimismus gelebt werden, wächst Vertrauen.

NEUER BLICK

Dieser Flug begleitet mich bis heute. Immer, wenn ich feststecke, mich im Kreis drehe oder nur noch Dunkles sehe, erinnere ich mich daran: Ich kann mich für einen Perspektivwechsel entscheiden. Das hilft mir, neue Wege zu erkennen.

Vielleicht denken Sie jetzt: «Ich kann nicht optimistisch sein. Ich habe schon zu viel erlebt.» Doch das Schöne am Optimismus ist: Er ist nur zu einem kleinen Teil angeboren – der größere Teil ist erlernbar. Optimismus ist eine bewusste Denkweise, die davon ausgeht, dass Herausforderungen lösbar sind und Rückschläge vorübergehen.

ZWEI KRÄFTE, DIE TRAGEN

Freude und Optimismus sind nicht dasselbe – aber verwandt. Freude kommt, Optimismus bleibt – wenn wir ihn üben. Beide stärken unsere mentale Widerstandskraft und unser Immunsystem. Wo Freude und Optimismus gelebt werden, wächst Vertrauen.

KENNEN SIE IHRE KRAFTQUELLE

Vielleicht ist genau heute ein guter Moment, sich selbst ein paar Fragen zu stellen:

  • Was bringt mich zum Lächeln – auch mitten im Alltag?

  • Was gibt mir Kraft, wenn das Leben gerade herausfordert?

  • Welche Menschen, Orte, Rituale oder Gedanken schenken mir neuen Mut?

Ich persönlich habe eine Kraftquelle, aus der ich täglich schöpfen darf – nicht nur an guten Tagen, sondern gerade dann, wenn das Leben laut oder schwierig wird. Diese Kraftquelle ist nicht sichtbar, nicht greifbar – und doch erlebe ich sie realer als alles andere: Es ist mein Gott. Ein Gott, der mich liebevoll anschaut, der mich kennt und versteht. Bei ihm darf ich so sein, wie ich bin – ehrlich, manchmal auch ratlos, aber nie allein.

Er schenkt mir Frieden inmitten von Chaos, Hoffnung inmitten von Fragen und eine stille Freude, die bleibt. Seine Nähe lässt mich jeden Tag neu aufstehen – mit Vertrauen, mit einem Lächeln, mit dem Mut zum nächsten Schritt. Ich kann IHN sehr empfehlen.

Freude kommt und Optimismus bleibt – wenn wir ihn üben. Beide stärken unsere mentale Widerstandskraft und unser Immunsystem.

Zurück
Zurück

Zu viel Nachdenken führt zu GRÜBELKEIT

Weiter
Weiter

The power OF CHOICE